b krisp
29. Januar 2024

Rudi Radiohund. Ja. Sehr. Herzerl.

montag, 29. jänner 2024: unbedingt, unbedingt! ! mag ich noch einen textaufheuler machen, während ö1-radiohund rudi noch in amt und würden ist. unbedingt mag ich rudi radiohund noch zu seinen lebzeiten ehren. unbedingt mag ich ihm meine aufmachung warten (auch meine aufwartung machen), bevor sich in aller stille 1-2 pflichtbewusste ’nachrufe‘ im föjjetooo irgendwo – vielleicht – finden. „er war eh schon alt“, man kennt die rechtfertigungen ja zur genüge aus der welt der menschen. ein milde lächelndes zuklappen eines buches, das – angeblich – niemand mehr lesen mag. oder, treffender: aus dem – angeblich – niemand mehr vorgelesen bekommen mag.

ich bin so unglücklich mit der streichung der einzigen stimme im ö1-programm, die kindisch, scherzhaft-naiv und ganz offiziell auf topfengolatschen fixiert sein durfte. wie skurril, wie anders war doch dieses tier. wie wunderbar eigendynamisch (ein bisschen(!) zumindest). rudi radiohund verstummt mit 1. februar. aus protest gegen die abschaltung von rudi radiohund habe ich heuer (2023/24) beim track5′-kurzhörspielwettbewerb nichts eingereicht. buh! (nee, das stimmt nicht – in wahrheit hab ich mir die abgabefrist falsch gemerkt. aber nachträglich kann ich das ja als protest zu verkaufen versuchen.)

…. aber scherz beiseite:

rudi radiohund, die hundgewordene pippi langstrumpf des einzigen österreichischen kultursenders, scheute sich nie, arglos und leidenschaftlich staunend – ganz so wie lindgrens epochale figur friedlicher subversion – über die zusammenhänge in der welt der kleinen wie der großen zweibeiner nachzufragen, auch – und gerade – wenn er nicht gleich alles „verstand“. er musste auch nicht alles kritiklos großartig finden, wovon ihm so manches schulkind eifrig erzählte. etwa seine hochamüsante skepsis gegenüber mancher sportarten oder seine speziellen kulinarischen vorlieben machten ihn zu einer differenzierten, eigenständigen figur, die zwar grundsätzlich immer mit feuer und flamme auf der seite seiner interviewpartner stand, die aber nicht alles mitmachte, nicht für alles gleichermaßen zu begeistern war, die sich „ihren eigenen kopf“ behielt: mal mit gutem grund, mal auch ohne – ja, ein bisschen kindisch eben. so zu sein war rudi gestattet, ohne dafür verurteilt zu werden – in einem radioformat für kinder auch sehr adäquat, wie ich finde.

mein innigster dank gilt rudis erfinder rainer rosenberg, christine nöstlinger und allen weiteren autorinnen und autoren für das schreiben unzähliger rudi-folgen, sowie insbesondere all den menschen, die sich auf das interviewtwerden von einem radiohund voll motiviert eingelassen haben. mein ganz überaus besonders nachdrücklicher herzensdank jedoch geht an paul urban blaha, der dem wissbegierigen radiohund seine stimme lieh und mir damit seit vielen jahren sehr konstant immer wieder angenehm leichtfüßige freude (unter anderem) durch klangliche nuancen in seiner stimme oder auch liebenswerte frageformulierungen bereitete. seit einigen jahren schon wollte ich mal kritisch bemäkelnd anmerken, dass das charakteristische bellen, wuffeln und grummeln des tiers am mikrofon über die zeiten signifikant weniger wurde. jetzt bleibt mir nur noch händeringende danksagung dafür, dass es so eine kleine, scherzige, widerspenstige* sendung im radio geben durfte, dass sie da ein kleines sendeplatzerl – zwischen all den weltschwere und radiojournalistische ernsthaftigkeit atmenden anderen formaten – einnehmen durfte.

* beinahe ein zu großes wort für die harmlosen umtriebe eines vergnügten hundes mit einem hang zum blödeln

und auch ein paar tränen sind da. weil ich mich ärgere. ö1 ist mein tagesakustisches zuhause, da sehne ich mich danach, ein vetorecht gegen solche eingriffe in die großfamilie vertrauter stimmen zu haben – vergebens. muss das wirklich sein, frage ich mich, muss die (medien)welt in ungemütlichen zeiten wie diesen eine klitzekleine kindische stimme abdrehen? wem hilft das, wenn auch radioprogrammgestaltung noch „ernster“ (i.s.v. humorfreier) wird, gerade jetzt? musste sich ein vielgepriesener kultursender eines naiv fragenden kleinen köters mit vorliebe für weißmehlbackwaren gar bereits schämen?

und: wer zaubert das kleine lächeln über rudis harmlose späße auf die gesichter kleiner und großer ö1-hörer ab sofort? was man gedenkt, den rudi-fans unter der eigentlichen zielgruppe – kindern und eltern – alternativ anzubieten, weiß ich jedenfalls nicht. ich hoffe, eine zukünftige sendung oder figur reicht an die liebenswürdigkeit und sympathische eigenheit des radiohunds zumindest heran. große hoffnungen jedoch habe ich leider keine: es scheint unzeitgemäß, sich einfach etwas „liebes“ auszudenken: blitzschnell sind umdeutungen hin zu „banal“, „naiv“ oder „gefällig“ zur hand und somit ideen und konzepte schon vom tisch, bevor sie noch entstehen.

ich hoffe ebenso, dass zumindest paul urban blaha ö1 erhalten bleibt. also nämlich: hörbar. ich liebe es, wenn diese stimme dann samstagvormittags im „help-daskonsumentenmagazin“ in vollem ernst darlegt und diskutiert, wie man aus stromanbieterverträgen aussteigt, was man gegen phishing durch gefälschte zahlungsaufforderungen tun kann und wie gesundheitsgefährdend weichmacher sind. herrlich. es klingt dann so, als hätte rudi radiohund einen auftritt als seriöser geschäftsmann, er senkt seine stimme ein wenig, er „reißt sich zusammen“ und kichert nicht, er lässt keines seiner nachdenklich-sonoren „hmmmm…“ vernehmen. vor meinem geistigen auge entsteht dann immer ein bild von drops (tv-zeichentrickhund aus den 80ern, wer kennt den noch?), der dann in anzug und krawatte schlüpft und mit branchenvertretern sowie expertinnen an einem tisch sitzt. wunderbar.